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Sakrale Projekte | Evangelisch
Ev. Kirche Idar-Oberstein, Algenrodt
Umbau und Renovierung der evangelischen Kirche in Idar-Oberstein, Algenrodt
Beschreibung vor der Renovierung
In dem Gemeindehaus aus dem Jahre 1960/61, Entwurf von Architekt Paul Gerhard Geisbauer, Idar-Oberstein, waren die verschiedensten Funktionen einschließlich dem Gottesdienstraum in einem einzigen, sehr nüchtern gestalteten Gebäude untergebracht. Die kirchliche Nutzung des Gebäudes war nur durch ein an der talseitigen Außenwand angebrachtes großes Holzkreuz erkennbar. Der Gottesdienstraum befand sich von der talseitigen Haupteingangsseite her gesehen im Obergeschoss und daher nicht ebenerdig zugänglich.
Dieser Gottesdienstraum ist 12,85 m lang und 9,00 m breit und mit einer Flachdecke aus Gipskarton überdeckt. Der 115 Quadratmeter große Raum hatte eine Höhe von nur 3,20 Meter und wirkte daher sehr gedrückt. Der Raum wurde gegliedert durch Pfeiler in der Außenwand und dazwischenliegenden Oberlichtbändern. An der Decke waren über die volle Raumbreite Neonlichtstreifen in den Pfeilerachsen angebracht.
Der Fußboden im zwei Stufen höher liegenden Altarbereich war aus Stabparkett, der Boden im Gemeindebereich aus PVC-Fliesen. Der große Altartisch stand an der "Chorwand", die Kanzel an der Stufe zur Gemeinde. In die Ecke gedrückt eine kleine Orgel.
Der Grund für eine Neugestaltung des Gottesdienstraumes war die wenig ansprechende Atmosphäre des Versammlungsraumes, Vergleiche mit einer Werkhalle oder einem Großraumbüro lagen nahe.
Beschreibung des Umbaues und der Renovierung
Hauptaufgabenstellung war die Neugestaltung des Gottesdienstraumes, die im Rahmen der notwendigen Dachsanierung sinnvoll erschien. Auch die Flachdecke mit der unbefriedigenden Beleuchtung wurde entfernt.
Das neue Dachtragwerk mit den beiden freigespannten Hängebindern überragt nun den neuen Gottesdienstraum. Das offene sichtbare Satteldach hat jetzt in der Raummitte eine Höhe von 5,20 Meter. Die Stufe im Altarbereich ist entfernt worden, der Altar selbst jetzt Mittelpunkt der versammelten Gemeinde. Er steht nun in der Achse der neuen bergseitigen Eingangsverglasung, in deren Mitte auch die neue Taufe steht. Dieser Taufort ist gekennzeichnet durch viel Licht und durch einen 3 x 3 Meter großen Fliesenbelag aus Solnhofer-Naturstein. Bisher gab es in dem Raum keinen Taufort. Der Taufort ist an dieser Stelle somit zugleich "Übergang" von außen nach innen, Aufnahme des Täuflings in die christliche Gemeinde.
Ein Fries um diesen Belag markiert diesen Bereich. Der restliche Fußboden des Gemeinderaumes wurde in Massivholzparkett belegt. Die hellgelben Wandflächen sind nach wie vor durch die Betonstützen gegliedert, diese wurden jedoch farbig abgesetzt als tragende Elemente. In Art eines Basalt-Natursteines tragen diese Stützen den neuen "Architrav", auf dem nun das hellgraue Dachtragwerk ruht. Hier sind jetzt acht Deckenfluter angebracht, die über den offenen Dachstuhl den Raum indirekt beleuchten. Der Raum wirkt dadurch höher und leichter, es entsteht eine Assoziation zu historischen Kirchenräumen. Zusätzlich wird der Raum durch eigens entworfene handgefertigte Messingleuchter festlich ausgeleuchtet.
Weiterhin wurden umgestaltet das zuvor offene Treppenhausgeländer, die Eingangssituation mit neuem verglasten Zugang im Erdgeschoss, die Sanitärräume, die Heizung.
Außenseitig der behindertengerechte neue Zugang direkt in den Gottesdienstraum auf der Bergseite sowie eine neue Außenwandverkleidung an Giebel und Längsseite.
Beschreibung der Prinzipalstücke:
Altar, Taufe und Kanzel nach Entwurf des Architekten.
Altar:
Der neue Altar aus hellem Eicheholz, Tischgröße 132 x 132 cm, hat eine Höhe von 96 cm. Die 12 cm dicke Mensa (Tischplatte) ruht auf vier diagonal gestellten Tragarmen, wie auf Händen.
Die Tragarme stehen mit 12 cm Abstand in Kreuzform um einen Kern aus dunklem Eicheholz. Der Kern und die Kreuzform in der Altarplatte sind aus Mooreiche.
Taufe:
Die neue Taufe ist aus dem gleichen Holz wie der Altar. Eine Kuppa aus Mooreiche mit einer eingelegten Messingschale ruht auf einem Kernholz wie beim Altar. Diese wird flankiert von vier Holzscheiben, Eiche hell, ebenfalls 12 cm breit. Die Taufe steht sowohl in der Altarachse wie in der Fensterachse, mittig auf dem "Fliesenteppich".
Kanzel:
Die Kanzel oder das Ambo öffnet sich zur Gemeinde. Sie ist auch aus hellem Eicheholz, die Buchablage aus Mooreiche. Zur Erhöhung des Predigers ist eine Stufe an der Rückseite angebracht.
Kreuz:
An der breiten Stirnwand des Gottesdienstraumes wird ein Glaskreuz nach Entwurf von dem Rottweiler Künstler Tobias Kammerer durch die Glasfirma Derix, Taunustein, ausgeführt und angebracht. Dieses etwa 7,30 Meter breite Glaskreuz aus mundgeblasenem Echtantik-Überfangglas, geätzt und auf Trägerscheiben angebracht bildete zusammen mit weitern figural geätzten Glasscheiben die neue Chorraumwand.
Erläuterungstext des Künstlers, Tobias Kammerer:
Der Grundgedanke war es, hier durch die Gestaltung der Altarrückwand den Schwerpunkt im Kirchenraum zum Altar hin zu lagern und insgesamt eine meditativ sakrale Atmosphäre zu schaffen. Da die Gestaltung sich nicht nur auf den unteren Wandabschnitt beschränken soll, war die Idee, dass vorhandene Gesims mittels einer frei vor der Wand schwebenden Glasinstallation zu überbrücken. Die Installation besteht aus drei Glaselementen verschiedener Größe, die sich an den Außenkanten überlagern.
Formal ergibt sich eine waagerechte, liegende Form und eine horizontal aufwärtsstrebende Rechteckform. Dies kann als ein Zitat auf die Kreuzform gelesen werden. Wobei die blaue Senkrechte nach oben strebt, symbolhaft die Verbindung herstellend zwischen dem Oben und dem Unten, Himmel und Erde. Diese Kreuzform wiederholt sich sichtbar in den roten schmalen Linien, die sich scheinbar aus der Gestaltung lösen und herauswachsen, sich verselb-ständigen um sich über die gesamte Wandfläche auszustrecken. Diese Linien sind aus mundgeblasenem Echtantikglas gefertigt und ebenfalls frei vor der Wand schwebend. Die Farbgebung beruht auf den Komplementärfarben Blau und Orange.
Wobei das Aufwärtsstrebende das Blaue beinhaltet. Blau als Farbe des Himmels steht für Gottesfrieden und himmlische Weisheit. Zudem gilt das transzendente Blau als Ausdruck von Geistigkeit und Wissen. Seine Transzendenz macht es auch zum Synonym der Durchlässigkeit der Welten von Diesseits und Jenseits. So zeichnen auch im Blau weiße Linien die Andeutung, den Anflug eines Cherubs nach. Die Cherubim gelten seit jeher als Hüter der göttlichen Weisheit. Ihr Blau ist Ausdruck von Geistigkeit und Wissen. Im Gegensatz zu Blau erscheint uns das Goldgelb als Farbe der göttlichen Offenbarung und Erkenntnis. Im strahlenden Gelb erfahren wir das Erlebnis des Lichtes. So symbolisiert diese Farbe auch das Empyreum, den göttlichen Feuerhimmel. Auch in dieser Fläche erscheinen Engelszitate. Sie erinnern an den himmlischen Chor der Seraphim, der in Liebe brennenden. Sie stehen in immerwährender Anbetung vor Gott.
Die weißen Linien sind sandgestrahlt. So ergeben sich weiße Flächen, die an manchen Stellen aufbrechen. Außerdem entsteht an der Wand je nach Lichteinfall ein Schattenspiel.
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