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Wohnhaus Klages, Merxheim


Das Wohnhaus nach der Renovierung mit wiederhergestelltem Erker aus dem Jahr 1574.


Wohnhaus Klages in Merxheim.

Das ehemalige Bauernhaus mit dahinter liegendem Hof und Scheune wurde Anfang der 80iger Jahre von den heutigen Eigentümer erworben. Das Anwesen war damals ein altes Wohnhaus mit unscheinbarem Äußeren. Der Erker an der Südwestseite war nicht vorhanden, die Fassaden und das Dach stark renovierungsbedürftig, ohne Dachgauben.

Auf Nachfrage beim Landesamt für Denkmalpflege erhielt der Eigentümer die Zusage, dass das Gebäude förderungswürdig sei und unter Denkmalschutz gestellt werde. Nach der Beauftragung des Architekten wurde zunächst im Rahmen der Bauforschung eine verform-ungsgerechte Bestandaufnahme angefertigt. Diese "Besonderen Leistungen" wurden der späteren Umbauplanung voraus gestellt. Baubegleitend wurde der gesamte Fassadenputz entfernt. Es zeigten sich die Veränderungen einzelner Bauphasen an der steinsichtigen Fassade. In der Außenwand am heutigen Erker waren regelmäßige Steinschichten zu sehen, die auf eine spätere Bauwerksänderung in diesem Bereich hinwiesen.

Nachdem die Fassade steingetreu aufgemessen und aufgezeichnet war, wurden die Steine im Bereich des Erkers von dem erfahrenen Steinmetzmeister Joh. Plützer, Bad Sobernheim ausgebaut, im Hof davor auseinander gebreitet, gezeichnet und "wie ein Puzzle zeichnerisch zusammengefügt. Herr Plützer datierte den Erker nach einem ebenfalls vermauerten Schlussstein mit der Jahreszahl 1574. Bauforschungen des Bauherren ergeben die frühere Verwendung des Gebäudes als Pfarrhaus.




Beschreibung, Wertung und Bedeutung des Kulturdenkmals:

Der zweigeschossige Massivbau über annähernd rechteckigem Grundriss und abschließendem Satteldach ist traufseitig zur Bachstraße hin orientiert und bildet den Abschluss einer Wohnhausgruppe von sieben Gebäuden.

Der Hauseingang liegt in der Mitte der Hausfront (Straßenseite) und unmittelbar benachbart befindet sich ein großes Rundbogenfenster mit profiliertem Gewände, dessen Steinmetzzeichen erlauben, den Bau auf die Zeit um 1574 zu datieren (vergleiche Monzingen). Ganz am rechten Ende der Traufseite ist der Kellereingang mit Rundbogenschluß und einem seitlichen Steinschiebefenster eingebaut. Die zu dieser Tür führende Treppe verläuft parallel zur Hausfront.

Prägend für diese Ansicht ist ein Obergeschosserker auf der linken Seite. Dieser Renaissance-Erker über langrechteckigem Grundriss konnte an ursprünglicher Stelle rekonstruiert werden; auch die reichverzierten Brüstungssteine waren in dieser Fassade vermauert. Das Gleiche galt für drei Konsolsteine in Höhe der Erdgeschossdecke, die vermutlich das Auflager für einen Streichbalken waren, der zur Konstruktion eines Vordaches über dem Eingang der Kellertreppe gehörte.

Die freistehende Giebelseite ist durch unterschiedliche Anordnungen verschieden großer und ebenfalls mit Sandsteingewänden gerahmten Fenstern gekennzeichnet. Auf der rechten Seite sind die dreifach gekoppelten, mit geradem Schluss versehenen Öffnungen im Erd- und Obergeschoss hervorzuheben, deren Gewände reich profiliert sind. Im Giebeldreieck sind in zwei Ebenen jeweils drei S-förmige Maueranker zu sehen. Die Ostfassade (Rückseite des Gebäudes) ist zu einem Hof hin orientiert, der von Wirtschaftsgebäuden umstanden ist und nun durch eine hohe Mauer mit Torbau zu einer Gasse hin abgeschlossen wird.
Die Fensteröffnungen dieser Fassade entsprechen teilweise nicht mehr der Lage der Rekonstruierung, sind jedoch aus dem Befund heraus wiederhergestellt worden. Speziell dazu zählt das über die ganze Geschosshöhe gehende zweiteilige Fenster, das den Mittelflur abschließt.

Das Innere des Hauses wird geprägt von einem durchgehenden Mittelflur, der in einem offenen Vorraum zum rekonstruierten Treppenturm endet. Bemerkenswert ist die Belichtung des Mittelflures durch das oben genannte geschoßhohe Fenster.
Dieses war vor dem Umbau durch eine im 19.Jahrhundert eingebaute Holztreppe verdeckt.
Der Treppenturm in der Nordostecke des Gebäudes ist anhand von vielen eindeutigen Funden von Herrn Plützer rekonstruiert worden.

Bemerkenswert ist das volle Mauerwerk, das in gleicher Stärke über zwei Geschosse hinweggeführt wird. Die Decke des 1. Obergeschosses liegt deshalb auf Steinkonsolen der Nord- und Südwand auf. Die tragenden Trennwände sind in Fachwerk ausgeführt.

Das Gebäude ist zur Hälfte mit einem flachen Tonnengewölbe unterkellert, was so angeordnet ist, dass die beiden Räume rechts vom Mittelflur um eine Stufe erhöht werden mussten. Der übermauerte Kellerabgang wird in der langgestreckten Küche als Sitzfläche genutzt.

Der liegende Dachstuhl aus Eiche hat sich aus der Erbauungszeit erhalten. Die rote Farbfassung der Fenstergewände und des gesamten Erkers basieren auf Befunden.

Der Überlieferung nach soll das Anwesen bis 1740 als Pfarrhaus genutzt worden sein.

Bei dem Wohnhaus handelt es sich um ein Zeugnis des geistigen Schaffens und des handwerklichen Wirkens und ist kennzeichnendes Merkmal der Gemeinde (§3 Abs. 1 a und c Denkmalschutz- und Pflegegesetz), an dessen Erhaltung und Pflege aus wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen, sowie zur Förderung des geschichtlichen Bewusstseins und der Heimatverbundenheit ein öffentliches Interesse besteht (§3 Abs. 1 Nr. 2a und b Denkmalschutz- und Pflegegesetz).